Version 6.10 (Edgy Eft)
Die Ubuntu Version 6.10 mit dem Codenamen “Edgy Eft” (Nervöser Molch) wurde am 26. Oktober 2006 veröffentlicht. In diesem Artikel gehe ich auf deren Zugänglichkeit für blinde Anwender ein.
In den Release notes wird darauf hingewiesen, dass Ubuntu den Screenreader Orca verwendet. Dieser kann durch Skripts der Skriptsprache Python erweitert und angepasst werden.
Ubuntu stellt für jede Computerarchitektur drei verschiedene Images der Distribution bereit, die ich in den folgenden Abschnitten bespreche. Images für die Intel x86 Computerarchitektur findest du auf meinem Server im Verzeichnis /pub/ubuntu/. Images für andere Architekturen können z. B. vom Server der Uni Bayreuth heruntergeladen werden.
Desktop CD
Die Desktop CD kann verwendet werden, um Ubuntu als Live CD einmal auszuprobieren. Man kann diese CD Auch zur Installation des Betriebssystems verwenden, was ich blinden Anwendern nicht empfehlen kann. Statt dessen sollte man für eine Installation mit Braillezeile die Alternate CD verwenden. Für den Betrieb der Desktop CD werden mindestens 192 MB Arbeitsspeicher benötigt.
Starten der CD
Wenn das 698 MB große CD-Image mit dem Dateinamen ubuntu-6.10-desktop-i386.iso heruntergeladen und auf einen Rohling gebrannt wurde, ist der PC von dieser CD zu starten. Es erscheint ein Startbildschirm, der verschiedene Startmöglichkeiten und Optionen anbietet. Ich empfehle einfach auf Enter zu drücken um den Bootvorgang zu starten. Nach einigen Minuten ist ein Start-Jingle zu hören und man befindet sich in der grafischen Oberfläche und kann die CD ohne Probleme ausprobieren.
Starten des Screenreaders Orca
Um den Screenreader Orca mit einer Braillezeile verwenden zu können, ist zunächst mit der Tastenkombination Strg+Alt+F1 auf die erste Konsole zu wechseln.
Bei der Eingabe der folgenden Befehle ist darauf zu achten, dass die US-Tastatur verwendet wird. Das =-Zeichen befindet sich rechts neben dem ß. Die Buchstaben y und z sind vertauscht und der Bindestrich ist auf der Taste für das ß zu finden.
Wenn eine USB-Braillezeile verwendet wird und der deutsche Zeichensatz dargestellt werden soll, ist folgender Befehl einzugeben:
sudo brltty -t de
Anschließend sollte die Ausgabe der Konsole auf der Braillezeile gelesen werden können.
Für eine seriell angeschlossene Zeile fällt der einzugebende Befehl etwas länger aus, da Angaben über die verwendete Braillezeile und den genutzten Anschluss gemacht werden müssen. Ich gehe davon aus, dass die Zeile am ersten seriellen Anschluss angeschlossen ist und der Treiber für eine Zeile der Firma Handy Tech geladen werden soll:
sudo brltty -b ht -d ttyS0 -t de
Anschließend wird das Setup-Programm von Orca gestartet:
orca
Die Fragen werden auf der Braillezeile angezeigt und von der englischen Sprachausgabe vorgelesen. Die Fragen sind entweder mit ja (Buchstabe y auf Taste z) oder nein (Buchstabe n) zu beantworten. Vor allem die Frage “Enable Braille?” sollte mit y beantwortet werden, da Orca sonst keine Brailleausgabe unterstützt.
Orca aktiviert die Accessibility-Unterstützung in Gnome. Diese wird aber erst nach einem Neustart von Gnome wirksam. Zunächst ist Orca zu beenden, was mit der Tastenkombination Strg+c geschieht. Nun befindet man sich wieder am Prompt der Kommandozeile.
Um Orca verwenden zu können, muss man sich zunächst Aus- und wieder Einloggen. Durch die Tastenkombination Strg+Alt+F7 wechselt man zur grafischen Oberfläche.
Den Neustart von Gnome kann man mit Strg+Alt+Backspace auf eine unfeine Art erledigen. Man wird nach dem gewaltsamen Beenden der grafischen Oberfläche automatisch wieder eingeloggt. Das Jinge ist erneut zu hören und mit Strg+Alt+F1 abermals auf die erste Konsole zu wechseln. Die Braillezeile wird bereits unterstützt, doch der Screenreader für Gnome muss wieder gestartet werden:
orca
Während Orca aktiv ist, kann man diese Konsole nicht mehr verwenden. Aber man will ja ohnehin die grafische Oberfläche testen, die man mit Strg+Alt+F7 erreicht.
Möchte man den Computer herunterfahren, wechselt man auf die erste Konsole und beendet Orca mit der Tastenkombination Strg+c. Der folgende Befehl schaltet den Computer aus:
sudo halt
Alternate install CD
Dieses Image kann für Computer verwendet werden, die nicht über 192 MB Arbeitsspeicher verfügen. Außerdem kann man mit diesem Image automatisierte Installationen vorbereiten. Diese CD installiert auch die grafische Benutzeroberfläche und kann – im Gegensatz zur Desktop CD – problemlos mit einer Braillezeile installiert werden.
Starten der Installation
Vor der Installation eines neuen Betriebssystems sollte man immer alle wichtigen Daten sichern. Durch eine falsche Anwendung der Software oder einen Programmfehler können Dateien zerstört werden.
Wenn das 697 MB große CD-Image mit dem Dateinamen ubuntu-6.10-alternate-i386.iso heruntergeladen und auf einen Rohling gebrannt wurde, ist der Computer von dieser CD zu starten. Unabhängig davon welche Anschlussart für die Braillezeile verwendet wird, ist am Startbildschirm die Taste F6 zu drücken. Nun kann man dem System mitteilen, dass man eine Braillezeile mit deutschem Zeichensatz verwenden möchte. Zu diesem Zeitpunkt ist die amerikanische Tastaturbelegung aktiv. Die Zeichen y und z sind vertauscht und dás =-Zeichen befindet sich rechts neben dem ß.
Für eine via USB angeschlossene Braillezeile ist folgendes einzugeben:
install brltty=,,de
Für eine am ersten seriellen Anschluss (COM1) angeschlossene Braillezeile der Firma Handy Tech wäre folgendes einzugeben:
install brltty=ht,ttyS0,de
Der Installer ist sehr gut mit Braillezeile bedienbar, da man alles über die Tastatur steuern kann. Mit den Cursor-Tasten bewegt man sich durch die Optionen und aktiviert seine Auswahl mit der Enter-Taste.
Bei meinem Installations-Versuch wurden BrlTTY und Orca nicht installiert. Daher ist die Verwendung der Alternate install CD nur bedingt empfehlenswert.
Server install CD
Diese CD ist für Computer gedacht, die als Server verwendet werden sollen. Daher wird keine grafische Benutzeroberfläche installiert. Die CD enthält stattdessen verschiedene Server-Dienste.
Starten der CD
Auch vor der Verwendung dieser CD sollten wichtige Daten gesichert werden. Durch einen Programm- oder Bedienfehler können Dateien oder ganze Festplatten zerstört werden.
Das CD-Image ist 452 MB groß und trägt den Dateinamen ubuntu-6.10-server-i386.iso. Das Image ist auf einen Rohling zu brennen und der Computer von der erstellten CD zu starten.
Da der weitere Verlauf bis auf wenige Unterschiede mit dem der Alternate install CD identisch ist, verweise ich auf diesen Abschnitt. Leider wird auch der Screenreader BrlTTY nicht installiert, weshalb diese CD nur bedingt empfohlen werden kann.
Datum der Veröffentlichung: Samstag, 13.01.2007